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Können nebenberuflich tätige Übungsleiter Verluste steuerliche geltend machen?

Ja, denn das Ausgabenabzugsverbot gemäß § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG ist auch dann auf die Höhe der steuerfreien Einnahmen begrenzt, wenn diese den Freibetrag nicht erreichen.

Vor einem Finanzgericht wurde darüber verhandelt, ob Verluste aus einer nebenberuflich ausgeübten Tätigkeit als Tanzsportübungsleiter anzuerkennen sind.

Der Kläger, ein Diplom-Betriebswirt, ist hauptberuflich in einem Unternehmen angestellt. Daneben war er als Übungsleiter bei einem Tanzsportclub selbständig tätig. Im Streitjahr erzielte er hieraus Honorare in Höhe von 1.128,00 EUR, denen er in seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Ausgaben gegenüberstellte, die zu einem Verlust von 1.450,00 EUR führten.

Nachdem das Finanzamt diesen Verlust zunächst nicht anerkannt, sondern einen Gewinn von rd. 500,00 EUR errechnete hatte, einigten sich die Beteiligten im Laufe des u.a. hiergegen von dem Kläger angestrengten Einspruchsverfahrens auf den Ansatz von Betriebsausgaben in Höhe von 2.417,30 EUR

Das Finanzamt half dem Einspruch sodann in anderen Punkten ab, berücksichtigte jedoch nach wie vor keinen Verlust aus der Übungsleitertätigkeit, sondern ging unter Hinweis darauf, dass Ausgaben nur dann geltend gemacht werden könnten, wenn sie über dem in § 3 Nr. 26 EStG genannten Freibetrag von 2.100,00 EUR lägen, von Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 0,00 EUR aus.

Dem hielt der Kläger entgegen, mit § 3 Nr. 26 EStG sollten nebenberufliche Aktivitäten in Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienten, gefördert werden. Der Übungsleiterfreibetrag sei als Betriebsausgabenpauschale zu verstehen. § 3 Nr. 26 EStG neutralisiere sich bei Ausgabeüberschüssen.

Nach Satz 2 dieser Vorschrift solle ein doppelter Abzug des Freibetrages vermieden werden. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da er, der Kläger, lediglich die entstandenen Ausgaben zum Abzug bringe. Laut dem Finanzamt wäre ein Verlust nur abzugsfähig, wenn die Einnahmen über dem Freibetrag lägen, nicht jedoch, wenn sie darunter lägen. Dies führe zu einer Ungleichbehandlung.

Dementsprechend hätten auch der BFH in seinem Urteil vom 6. Juli 2005, XI R 61/04, BStBl II 2006, 163 und das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 5. Dezember 2007, 7 K 3121/05 B, EFG 2008, 1535 Verluste aus nebenberuflicher Beschäftigung anerkannt.

Das Finanzamt vermochte sich dem jedoch nicht anzuschließen, sondern wies den Einspruch zurück.

Zur Begründung führte es aus, nur dann, wenn und soweit die Einnahmen den steuerfreien Betrag überschritten, dürften sie gem. § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG mit den dazu in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben verrechnet werden.

Im Streitfall lägen zwar die Betriebsausgaben, nicht jedoch die steuerfreien Einnahmen über dem Freibetrag von 2.100,00 EUR. Nach den Einkommensteuerrichtlinien seien die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit daher mit 0,00 EUR anzusetzen.

Das vom Kläger zitierte BFH-Urteil sei nicht einschlägig, da dort überhaupt keine Einnahmen zugeflossen seien und das Abzugsverbot des § 3 Nr. 26 EStG auf die Höhe der Einnahmen beschränkt sei. Bei dem o.g. Urteil des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, an die die Finanzbehörde nicht gebunden sei.

Mit der hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger – über sein bisheriges Vorbringen hinaus – geltend, mit der Vorschrift des § 3 Nr. 26 EStG sei der Gesetzgeber im Grundsatz davon ausgegangen, dass die Einnahmen den Freibetrag überschritten und dass Ausgaben um den durch die Einnahmen in Anspruch genommenen Freibetrag zu kürzen seien. Damit habe er lediglich einen doppelten Abzug des Freibetrages verhindern wollen.

Der Gesetzgeber lasse es jedoch offen, inwieweit Ausgaben abzugsfähig seien, wenn die Einnahmen den steuerfreien Betrag von 2.100,00 EUR nicht überschritten. So seien auch die vom Finanzamt herangezogenen Richtlinien zu verstehen. Wollte man der Auffassung des Beklagten folgen, so läge ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor, da dann Aufwendungen, die mit der Einkunftserzielung in Zusammenhang stünden, unberücksichtigt blieben.

Nach richtigem Verständnis des § 3 Nr. 26 EStG seien sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben um den in Anspruch genommenen Freibetrag zu kürzen.

Sodann entschied das Finanzgericht zu Gunsten der Kläger wie folgt. Aus den Gründen:

§ 3 Nr. 26 EStG steht der Berücksichtigung der Betriebsausgaben nicht entgegen.

Das Ausgabenabzugsverbot gem. § 3 Nr. 26 S. 2 EStG ist auch dann auf die Höhe der steuerfreien Einnahmen begrenzt, wenn diese den Freibetrag nicht erreichen.

Nach allgemeinen Grundsätzen sind Aufwendungen zwingend steuerwirksam anzusetzen, wenn und soweit sie in einem wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang mit einer auf Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit stehen (vgl. z.B. § 4 Abs. 4 EStG, sog. objektives Nettoprinzip).

Dementsprechend bestimmt § 3c EStG, dass Ausgaben nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Soweit solche Aufwendungen die steuerfreien Einnahmen übersteigen steht ihrem Abzug weder § 3c EStG noch § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG entgegen.

Das Finanzamt will sich am Wortlaut der letzteren Vorschrift orientieren und versteht diese so, dass dann, wenn die Einnahmen den steuerfreien Betrag nicht überschreiten, kein Abzug von Ausgaben stattfindet.

Der Wortlaut hilft hier jedoch nicht weiter, denn er kann auch so gelesen werden, dass für den Fall, dass die Einnahmen den Freibetrag nicht überschreiten, keine Einschränkung des Ausgabenabzuges vorzunehmen ist.

Zum richtigen Verständnis der Norm des § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG ist daher auf seine Basis, das objektive Nettoprinzip, sowie die Entstehungsgeschichte, ihr Zusammenspiel mit § 3c EStG sowie ihren Sinn und Zweck abzustellen.

Danach ist das Abzugsverbot auch dann auf die Höhe der steuerfreien Einnahmen begrenzt, wenn diese den Freibetrag nicht erreichen.

Nach dem oben umschriebenen Nettoprinzip können Aufwendungen nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie eine steuerliche Belastung darstellen, d.h. wenn und soweit sie mit steuerlich anzusetzenden (vorweggenommenen oder bereits tatsächlich erzielten) Einnahmen in Zusammenhang stehen.

Wenn und soweit Einnahmen von der Steuer freigestellt oder von vornherein gar nicht steuerbar sind, kann eine damit zusammenhängende finanzielle Belastung auch keine steuerlichen Auswirkungen zeitigen.

Hiervon ausgehend bezog sich § 3 Nr. 26 EStG in der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1999 gültigen Fassung ausschließlich auf Aufwandsentschädigungen.

Als Aufwandsentschädigungen galten Einnahmen in Höhe von bis zu insgesamt 2.400,00 DM. Eine Abzugsbeschränkung war in dieser Vorschrift nicht normiert, sondern fand über § 3c EStG statt.

Für den Fall, dass (noch) keine Einnahmen erzielt wurden, d.h. bei vorweggenommenen Ausgaben im Zusammenhang mit ernsthaft ins Auge gefassten, auf Einkünfteerzielung angelegten Tätigkeiten, wurde durch den BFH (vgl. dessen Urteil vom 6. Juli 2005 XI R 61/04BStBl II 2006, 163 ) geklärt, dass eine Verrechnung von tatsächlich entstandenen Aufwendungen mit (potentiellen) Einnahmen, die tatsächlich nicht erzielt wurden, nicht zu erfolgen hat und § 3c EStG insofern nur den allgemeinen Grundsatz bestätigt, dass bei steuerfreien Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Ansatz von unmittelbar mit steuerfreien Einnahmen zusammenhängenden Kosten erzielt werden soll.

Dagegen fand nach Rechtsprechung des BFH (vgl. das Urteil vom 30. Januar 1986, IV R 247/84 , BStBl II 1986, 401 ) § 3c EStG auf § 3 Nr. 26 EStG a.F. keine Anwendung, wenn und soweit die Einnahmen aus der steuerfreien Tätigkeit den steuerfreien Betrag überschritten, da – so die höchstrichterliche Rechtsprechung – ansonsten gegen das objektive Nettoprinzip verstoßen würde und eine ungerechtfertigte Schlechterstellung im Vergleich zu hauptberuflichen Tätigkeiten einträte.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2000 wurden das Tatbestandsmerkmal “Aufwandsentschädigung” in § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG durch “Einnahmen” ersetzt und die Abzugsbeschränkung des § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG eingeführt.

Damit sind vom Regelungsbereich dieser Vorschrift nunmehr nicht lediglich Einnahmen erfasst, für die Aufwandsentschädigungen gezahlt werden, sondern zusätzlich – im Sinne einer normativen Abbildung des objektiven Nettoprinzips – auch generell steuerfreie Einnahmen (z.B. solche aus ausländischen Quellen).

Darüber hinaus wird über Satz 2 der Norm klargestellt, was zuvor durch die Rechtsprechung hatte herausgearbeitet werden müssen, nämlich dass das Ausgaben-Abzugsverbot auf den Betrag der steuerfreien Einnahmen begrenzt ist (Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 9. Dezember 2002, 3 K 172/01, EFG 2005, 342 ).

Außerdem ist für die Fälle, in denen Einnahmen und Ausgaben jeweils über dem steuerfreien Betrag liegen, nunmehr gesetzlich festgelegt, dass alle Aufwendungen abzugsfähig sind, die den steuerfreien Betrag übersteigen – im Gegensatz zu § 3c Abs. 1 EStG, wonach die Ausgaben im Verhältnis von steuerfreien und steuerpflichtigen Einnahmen aufgeteilt werden müssten.

Im Übrigen hat in die Betrachtung einzufließen, dass § 3 Nr. 26 EStG sowohl in alter als auch in neuer Fassung für bestimmte Fälle eine Besserstellung (im Vergleich zur hauptberuflichen Tätigkeit bzw. zu Tätigkeiten für nicht in § 3 Nr. 26 EStG genannte Auftraggeber) keinesfalls aber, was in Fällen wie dem vorliegenden jedoch einträte, eine Schlechterstellung bewirken soll.

Nach der oben dargestellten Entwicklung des § 3 Nr. 26 EStG und seiner Zielsetzung ist in Fällen, in denen der strikte Wortlaut des § 3 Nr. 26 EStG mehrere Deutungen zulässt, mithin in dem Fall, dass – wie vorliegend – die Einnahmen den Freibetrag unterschreiten, ein Abzug der diese übersteigenden Ausgaben gegeben.

Nur ein solcher Abzug wird dem objektiven Nettoprinzip und der Zielsetzung des § 3 Nr. 26 n.F. i.V.m. § 3 c EStG gerecht, wie sie sich aus dem Vergleich mit der Vorgängervorschrift und in Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ergibt (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Dezember 2007, 7 K 3121/05 B, EFG 2008, 1535 ).

Durch den Verlustabzug wird der Kläger auch nicht etwa doppelt begünstigt. Er wird vielmehr – im Gegenteil – im Vergleich zu einem hauptberuflich tätigen Übungsleiter durch die an sich eine Begünstigung bewirkende Norm des § 3 Nr. 26 EStG lediglich nicht benachteiligt.